So ungewöhnlich wie dieses Jahr war, so endet es auch. Weihnachten und Silvester einmal anders: ruhiger und beschaulicher, vielleicht nur im ganz kleinen Kreis. Das Gute daran: ohne den sonst üblichen Trubel bleibt uns mehr Zeit, zurückzuschauen, Altes zu verabschieden, Pläne zu schmieden und den Blick nach vorn zu richten. Die Tage um Neujahr sind eine Zeit der Besinnung und Einkehr – doch überall auf der Welt gibt es verschiedene Rituale, mit denen dies zelebriert wird. In diesem Blogbeitrag schauen wir, wie andere Kulturen den Jahreswechsel begehen.

 

Bali – das stille Neujahrsfest

Nach dem traditionellen Mondphasenkalender beginnt das balinesische Jahr im März, am Tag nach Neumond. Das Neujahrsfest Nyepi – der Tag der Stille – ist der heiligste Feiertag auf der hinduistisch geprägten Insel. Das sonst so quirlige Bali wirkt dann wie ausgestorben, überall herrscht eine fast gespenstische Ruhe. Die Menschen bleiben zuhause und verbringen ihre Zeit schweigend mit Fasten und Meditation. Die religiösen Regeln sind dabei strikt: Häuser dürfen nicht verlassen werden, Arbeit und Vergnügungen müssen unterbleiben – selbst Feuer und Licht sind verboten. Auf diese Weise soll den vorüberziehenden Dämonen und Geistern vorgegaukelt werden, dass die Insel verlassen ist – so dass sie weiterziehen und die Menschen unbehelligt lassen.

Ein Tag vor Neujahr geht es dafür umso lebendiger zu. In fast jedem Dorf findet eine Parade statt, mit der die Geister vertrieben werden sollen. Eine zentrale Rolle spielen dabei die teils riesigen Ogoh Ogoh-Puppen – monsterähnliche Kreaturen, welche die Dämonen darstellen und durch die Strassen getragen werden. Auf den karnevalsartigen Umzügen herrscht eine ausgelassene Stimmung, bei der Kinder wie Erwachsene ihren Spass haben. Der Abend endet mit dem Verbrennen der Puppen, wodurch die Balance zwischen Göttern, Menschen und Natur wieder hergestellt wird. Am nächsten Morgen um sechs Uhr beginnt dann die 24-stündige Zeit der Einkehr und Stille.

 

China

Auch in China wird der Jahresbeginn durch den traditionellen Mondkalender bestimmt: das Datum fällt in der Regel auf den zweiten Neumond nach der Wintersonnenwende. Jedes Jahr ist einem der zwölf Erdzeichen des chinesischen Kalenders und einem der fünf Elemente zugeordnet . So beginnt am 12.2.2021 das Jahr des Metall-Büffels, welcher für Fleiss, Geduld und einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn steht.

Das Neujahr Chunije ist das wichtigste Fest des Jahres, weshalb sich viele Chinesen Urlaub nehmen, um für ein oder zwei Wochen zur Familie zu reisen. Der ganze Jahreswechsel ist von unzähligen Bräuchen geprägt, deren Verlauf als Omen fürs neue Jahr gilt. Die Vorbereitungen werden deshalb ernst genommen und schon Tage zuvor beginnt man mit dem Säubern und Dekorieren der Wohnung. Unter anderem werden dann Spruchbänder, Lampions und Laternen aufgehängt, welche die guten Wünsche fürs nächste Jahr symbolisieren. Die allgegenwärtige Farbe Rot spielt dabei eine besondere Rolle, da sie für Glück, Freude und Wohlstand steht.

Am Abend vor dem Neujahrstag kommen die Familien zum gemeinsamen Essen zusammen. Danach bereitet man gemeinsam die Teigtaschen Jiaozi vor, die für den nächsten Tag bestimmt sind. Nach einem Spaziergang, der die Spuren des alten Jahres aus dem Haus bringen soll, wird gegen Mitternacht das Feuerwerk gezündet, um so die schlechten Geister der Vergangenheit zu vertreiben. Dort wo es erlaubt ist, zieht sich die Böllerei oft bis in die späten Morgenstunden hin.

Am folgenden Neujahrstag besucht man Verwandte und Freunde, um sich gegenseitig zu beglückwünschen. Unverheiratete Familienmitglieder erhalten dabei einen Briefumschlag mit Geld. Viele Chinesen nutzen den Tag auch für den Besuch eines Tempels, wo als Zeichen der Ehrerweisung unzählige Räucherstäbchen abgebrannt werden. Auch der zweite Neujahrstag wird traditionell mit Besuchen verbracht, diesmal allerdings mit einem Festmahl bei der Familie der Frau. Der dritte Tag hat den Ruf, ein allzu loses Mundwerk zu befördern und leicht zu Streit zu führen. Während viele Chinesen auch diesen Tag mit Familie verbringen, lassen andere es lieber etwas ruhiger angehen.

 

12 Weintrauben in Spanien

Wie überall in Europa feiern die Spanier den Silvesterabend mit reichlich Speis und Trank. Etwas spezieller ist der Brauch, um Mitternacht zwölf Weintrauben zu essen – die Uvas de suerte. Sobald der Glockenschlag der Rathausuhr in Madrid erklingt, gilt es, mit jedem Gong eine Weintraube zu essen. Wer es schafft, bis dem letzten Klang alle zwölf Weintrauben zu schlucken, wird im kommenden Jahr viel Glück haben. Andernfalls droht eine ausgeprägte Pechsträhne. Nach einigen Unfällen und vielen Beschwerden über das allzu schnelle Läuten wurde die Rathausglocke vor ein paar Jahren entschleunigt: statt einer Sekunde liegen nun drei Sekunden zwischen jedem Gong.

 

Argentinien: Schnee um Mitternacht

In Argentinien pflegt man einen ganz eigenen Brauch, um sich der lästigen Bürokratie des vergangenen Jahres zu erledigen: zu Silvester fängt es plötzlich zu schneien an. Statt Schnee rieseln allerdings geschredderte Unterlagen und Dokumente herab. Um Mitternacht werden tonnenweise Papierschnipsel aus den Fenstern geworfen, die ganze Strassenzüge in eine weisse Pracht hüllen. Mit dieser unkonventionellen Art der Altpapierentsorgung schaffen die Argentinier Platz für all die schönen Dinge, die das neue Jahr bringen soll.

 

In Thailand bleibt niemand trocken

In Thailand findet das Neujahrsfest Songkran Mitte April statt. Die drei Tage dauernde Feier steht ganz im Zeichen der Erneuerung und Säuberung und beginnt am Abend des 12. April mit dem Putzen der Wohnungen. Am nächsten Morgen begeben sich die Familien zu den Wats, den buddhistischen Tempelanlagen, wo Reis, Früchte und andere Speisen als Opfer dargebracht werden. Später am Nachmittag finden dort die rituellen Waschungen statt, bei denen Buddha-Statuen mit Wasser begossen werden – ein Zeichen des Respekts und der Ehrerbietung.

Aus dieser alten Tradition hat sich im Laufe der Zeit der feucht-fröhliche Brauch entwickelt, auch die Mitmenschen mit Wasser zu begiessen. In allen größeren Städten Thailands findet heutzutage eine riesige Wasserschlacht statt, bei der niemand trocken bleibt. Mit Wasserpistolen und Eimern bewaffnet, ziehen die Thais auf Pick-Ups durch die Strassen und bespritzen alles und jeden, bevorzugt auch Touristen. Dass dabei  nicht nur Wasser fliesst, sondern auch jede Menge Alkohol, versteht sich von selbst.

 

Und hierzulande?

Raketen, Böller und knallende Korken: Prosit Neujahr. Auch wenn es in diesem Jahr ruhiger zugeht, ist Silvester ganz ohne Feuerwerk und Sekt hierzulande kaum vorstellbar. Die auschweifende Feierei ist zwar nicht jedermanns Geschmack, allerdings auch keine Erfindung der Neuzeit. Schon die alten Germanen liessen es ordentlich krachen, um zur die bösen Geister und Dämonen zu vertreiben, welche sich vorzugsweise in der Zeit der Wintersonnenwende blicken liessen. Zum  Julfest rückte man  damals dem Spuk mit Feuer und Lärm zu Leibe – ein Brauch, aus dem schliesslich das heutige Feuerwerk entstand.

 

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